Standpunkte zum institutionellen Rahmenabkommen mit der EU

// Aufgeschaltet am 01/05/2015

Dieser Eintrag soll meine Standpunkte zu den Verhandlungen mit der EU über ein institutionelles Rahmenabkommen festhalten. Was soll Aufgabe der Politik und was Aufgabe des Volkes sein.

Wir wir gerade kürzlich erfahren haben (0):

Die Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» zitierte aus dem Entwurf einer Resolution des EU-Parlaments. Die EU-Parlamentarier begrüssen den Beginn der Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen, welches «als Voraussetzung für die Weiterentwicklung des bilateralen Ansatzes» gilt, heisst es im Entwurf, welcher auch der Nachrichtenagentur SDA vorliegt.

Die EU-Abgeordneten betonen aber auch, dass es ohne das Rahmenabkommen keine weiteren Abkommen geben werde, die der Schweiz Zugang zum EU-Binnenmarkt gewährten – dies schliesse ein Stromabkommen mit ein.

Die EU bleibt wie erwartet hart in ihrer Linie, indem Sie die Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen vor alle weiteren Abkommen stellt.

In ihrem Resolutionsentwurf nehmen die EU-Parlamentarier auch Bezug auf die Masseneinwanderungsinitiative. Darin betonen sie, dass die Personenfreizügigkeit «eine der fundamentalen Freiheiten und eine Säule des Binnenmarktes ist». Diese sei immer ein untrennbarer Teil und Voraussetzung für den bilateralen Ansatz zwischen der EU und der Schweiz gewesen.

Des weiteren bleibt sie unnachgiebig in ihrer Position, dass die Personenfreizügigkeit Voraussetzung für die bilateralen Verträge ist.

Das Schweizer Volk hat sich am 9. Februar 2014 (1) für eine Abschaffung der Personenfreizügigkeit (wenn auch knapp) entschieden. Die Neuverhandlungen über die Personenfreizügigkeit wurden geführt, mit dem Ergebnis, dass ohne Personenfreizügigkeit auch keine Bilateralen Verträge möglich sind.

Es ist nun die Aufgabe der Politik, diesen Volksentscheid zu respektieren (auch wenn man persönlich anderer Meinung war - mich eingenommen). Die Kontingentierung der Einwanderung gilt es einzuführen und eine einseitige Kündigung der bilateralen Verträge durch die EU zu akzeptieren. Sollte diese Kündigung der Verträge nicht dem Wunsch des Volks entsprechen, so obliegt es dem Souverän selbst aktiv zu werden. Das mögliche Scheitern der Neuverhandlungen durch die Kündigung der Personenfreizügigkeit war dem Souverän bewusst und eine Mehrheit der Stimmbevölkerung nahm dieses Szenario bewusst in Kauf - sollte dies heute nicht mehr dem Volkswillen entsprechen so obliegt es, wie eingangs erwähnt, dem Volk, diesen Entscheid wieder richtig zu setzen.

Nach dem Scheitern der Verhandlungen gibt es meines Erachtens keinen Grund mehr für die Politik die Bilateralen Verträge zu retten. Durch eine Aufweichung der geforderten Kontingentierung würde der Volkswille aufgeweicht werden und das Vertrauen in die Politik langfristig geschwächt werden. Es gilt die Kontingentierung in der von den Initianten geforderten Härte umzusetzen, d.h. mit Kontingenten! (2)

Gleichzeitig soll der Bundesrat seine Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen beginnen - unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen der bilateralen Verträge. Es gilt für zukünftige Jahre eine mögliche Alternative zu erarbeiten, wie sich die Schweiz stärker in den europäischen binnenmarkt (und zwangsläufig dessen Institutionen) einbinden kann. Diese Alternative gilt es auszuarbeiten und dem Volk zum angemessenen Zeitpunkt zu präsentieren (sprich zur Abstimmung vorzutragen). Somit hat das Volk genügend Zeit sich in der Phase ohne die Bilateralen Verträge und mit Kontingentierung der Zuwanderung ein angemessenes Bild über deren Wert zu machen. Sackt ohne die Bilateralen Verträge die Wirtschaftsleistung zusammen? Steigt die Arbeitslosigkeit? Oder im Gegenteil; sinken die Mieten, bei gleichbleibender Beschäftigung? Geht die Wirtschaft weiter ihren gewohnten Verlauf? All diese Fragen und Unsicherheiten können in dieser Phase geklärt werden, die Schweiz kann einen rationalen und nicht einen polarisierenden Diskurs führen und die Wichtigkeit oder eben Unwichtigkeit einer starken wirtschaftlichen Verflechtung mit der EU wird endlich sichtbar.

Und erst dann soll über ein institutionelles Rahmenabkommen abgestimmt werden. Es gäbe nichts dümmeres als nun zu versuchen, innerhalb der durch die Masseneinwanderungsinitiative angesetzten Frist eine Lösung zur Frage des institutionellen Rahmenabkommens zu finden. Das Volk würde sich betrogen fühlen, die Verhandlungen würden überhastet verlaufen und weder Politik noch Souverän könnten eindeutig die Vor- und Nachteile abschätzen.

Nein im Gegenteil: Die Masseneinwanderungsinitiative und die daraus folgende Kündigung der Bilateralen Verträge muss als Chance erachtet werden. Als Chance auf einen neuen, frischen Diskurs über das gewünschte Verhältnis zwischen der Schweiz und der Europäischen Union. Ein Verhältnis über dessen Ausmass schlussendlich nur das Schweizer Volk entscheiden kann.

(0): http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/EU-bleibt-gegenueber-der-Schweiz-hart/story/17893528

(1): http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/17/03/blank/key/2014/013.html

(2):

Art. 121a (neu) Steuerung der Zuwanderung

1 Die Schweiz steuert die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern eigenständig.

2 Die Zahl der Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz wird durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente begrenzt. Die Höchstzahlen gelten für sämtliche Bewilligungen des Ausländerrechts unter Einbezug des Asylwesens. Der Anspruch auf dauerhaften Aufenthalt, auf Familiennachzug und auf Sozialleistungen kann beschränkt werden.